Schlotheimia (Ammonitengattung)

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Zur Navigation springen Zur Suche springen
Schlotheimia

Schlotheimia depressa

Zeitliches Auftreten
Hettangium
200,3 bis 199,6 Mio. Jahre
Fundorte
Systematik
Kopffüßer (Cephalopoda)
Ammoniten (Ammonoidea)
Ammonitida
Psiloceratoidea
Schlotheimiidae
Schlotheimia
Wissenschaftlicher Name
Schlotheimia
Bayle, 1878

Schlotheimia ist eine Gattung sehr evoluter, berippter Ammoniten aus dem Unterjura. Sie fungiert als Leitfossil im oberen Hettangium.[1]

Erstbeschreibung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gattung Schlotheimia wurde erstmals im Jahr 1878 von Claude-Émile Bayle wissenschaftlich beschrieben. Benannt wurde sie zu Ehren von Ernst Friedrich von Schlotheim. Letzterer hatte bereits im Jahr 1820 das Taxon Schlotheimia angulata als Ammonites angulus bzw. Ammonites angulatus bezeichnet (Typusart).

Lebensweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Individuen der Gattung Schlotheimia waren schnellschwimmende marine Karnivoren. Sie bevölkerten das randmarine, flache Subtidal, waren aber auch in siliziklastischen Becken im offen-marinen Bereich sowie bis hinunter zur Schelframpe im tiefen Subtidal anzutreffen.

Systematik[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die Gattung Schlotheimia gehört zur Familie der Schlotheimiidae (Unterfamilie Schlotheimiinae) innerhalb der Überfamilie der Psiloceratoidea. Sie enthält folgende Taxa:

Schwestergattungen sind Angulaticeras, Kammerkarites, Macrogrammites, Saxoceras und Waehneroceras.

Synonyme Bezeichnungen der Gattung Schlotheimia sind Aegoceras, Anguliferites Lange, 1951, Saxoceras und Scamnoceras Lange, 1924.

Phylogenese[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Laut Guex und Kollegen hat sich die Gattung Schlotheimia zusammen mit den Gattungen Franziceras und Saxoceras vor 200,5 Millionen Jahren von der Gattung Kammerkarites abgespalten. Die Gattung Kammerkarites hatte sich etwa 200.000 Jahre zuvor wiederum aus der Gattung Psiloceras entwickelt, welche das Massensterben an der Trias-Jura-Grenze gegen 201,3 Millionen Jahren überlebt hatte. Aus der Gattung Schlotheimia entwickelten sich um 200,0 Millionen Jahre die Gattungen Angulaticeras und Ectocentrites.[2]

Aus den Schlotheimiidae, den Discamphiceratinae, den Arietitidae und den Lytocerataceae sollten dann sämtliche späteren Ammoniten des Jura und der Kreide (Neoammoniten) hervorgehen.[3]

Leitfossil und Zonierung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Das Taxon Schlotheimia angulata ist Leitfossil für das Oberhettangium (Lias α2) und bildet die Angulata-Ammonitenzone (Chronozone). Diese wird jedoch ihrerseits weiter in drei Subzonen unterteilt, in die Schlotheimia extranodosa-Subzone im Liegenden, die Schlotheimia complanata-Subzone und die Schlotheimia depressa-Subzone im Hangenden. Die beiden oberen Subzonen sind im alpinen Raum mit der Marmorea-Zone gleichzusetzen.

Die Subzonen (Subchronozonen) werden nach folgendem Schema ihrerseits in sieben Biohorizonte unterteilt (vom Hangenden zum Liegenden):[4]

  • Schlotheimia depressa
    • Pseudomoreana-Horizont
    • Depressa-Horizont
  • Schlotheimia complanata
    • Striatissima-Horizont
    • Complanata-Horizont
    • Similis-Horizont
  • Schlotheimia extranodosa
    • Extranodosa-Horizont
    • Amblygonia-Horizont

Angulatenschichten, Angulatensandstein und Angulatenton[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach Schlotheimia angulata sind in Nordwestdeutschland die Angulatenschichten und in Süddeutschland die Angulatensandstein- und die Angulatenton-Formation benannt.

Vorkommen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schlotheimia angulata densicostata

Vorkommen der Gattung Schlotheimia finden sich im Lias der Schwäbischen Alb, so bei Engstlatt und bei Mundelfingen.[5] Erwähnenswert in Baden-Württemberg sind ferner Endingen und Vaihingen an der Enz. Ein Vorkommen in Niedersachsen ist Bodenwerder im Weserbergland. Fundstätten in Nordrhein-Westfalen sind Bielefeld, Horn-Bad Meinberg und Oerlinghausen. In Thüringen sind die Seeberge bei Gotha anzuführen.

In den Chiemgauer Alpen kommt Schlotheimia im Basiskalk des Juras auf der Westseite des Hochgern vor.[6] Fundorte in Österreich liegen in der Umgebung von Adnet, am Fonsjoch in der Nähe des Achensees, und im Oberhettangium auf der Steinplatte bei Waidring.[7] In der Schweiz sind die Tongrube Keller bei Frick im Kanton Aargau und Fundgebiete am Ferdenrothorn (3180 m) im Kanton Wallis anzuführen.[8]

Im Nordosten des Pariser Beckens tritt Schlotheimia im Hettangium auf, so beispielsweise in der Provinz Luxemburg im Süden Belgiens, aber auch in Luxemburg. In Luxemburg erscheinen Schlotheimien im Oberhettangium (über dem Grès de Luxembourg) bei Bech, Burmerange, Dalheim, Bad Mondorf und Reckingen/Mess, ja selbst noch in Ernzen in der Südeifel (Rheinland-Pfalz). Im Westen Luxemburgs liegen Schlotheimien jedoch unterhalb des Grès de Luxembourg bei Kapweiler und Schwebach. Stratigraphisch von großer Bedeutung sind Schlotheimienfunde in Präplanorbis-Schichten des unteren Hettangiums, die in einer Bohrung bei Arlon angetroffen wurden.

In den Niederlanden wurde die Gattung Schlotheimia bei Winterswijk in einem Salzlaugungstrichter angetroffen.[9] Fundstätten von Schlotheimia liegen im Vereinigten Königreich in Somerset, bei Awre in Gloucestershire sowie bei Portrush in Nordirland.

Außerhalb Europas erscheinen Schlotheimien in Britisch-Kolumbien (Kanada), in der Pucara-Formation bei Levanto in Peru und im New York Canyon in Nevada (Vereinigte Staaten).

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • W. J. Arkell u. a.: Mesozoic Ammonoidea. Treatise on Invertebrate Paleontology. Geological Society of America and University of Kansas Press, 1957.
  • W. Lange: Die Schlotheimiinae aus dem Lias Alpha Norddeutschlands. In: Palaeontographic. A 100, 1951, S. 1–128.
  • Raymond C. Moore: Treatise of Invertebrate Paleontology. The Geological Society of America, University of Kansas, Boulder, Colorado 1957, ISBN 0-8137-3112-7, S. L235.

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Jack Sepkoski: A compendium of fossil marine animal genera (Cephalopoda entry). In: Bulletins of American Paleontology. Band 363, 2002, S. 1–560.
  2. Jean Guex, A. Bartolini, V. Atudorei und David Taylor: High resolution ammonite and carbon isotope stratigraphy across the Triassic-Jurassic boundary at New York Canyon (Nevada). In: Earth and Planetary Science Letters. Band 225, 2004, S. 29–41.
  3. Jean Guex u. a.: Geochronological restraints on post-extinction recovery of the ammonoids and carbon cycle perturbations during the early Jurassic. In: Palaeogeography, Palaeoclimatology, Palaeoecology. Band 346-347, 2012, S. 1–11, doi:10.1016/j.palaeo.201204030.
  4. Gert Bloos und Kevin N. Page: The proposed GSSP for the base of the Sinemurian Stage near East Quantoxhead/West Somerset (SW England) – the ammonite sequence. In: R.L. Hall und P.L. Smith: Advances in Jurassic research 2000. Proceedings of the 5th International Symposium on the Jurassic System. (Hrsg.): GeoResearch Forum. Band 6, 2002, S. 13–26.
  5. M. Gruner: Dynamische Paläoökologie und taxonomische Bearbeitung des Unterjura (Hettangium bis unteres Sinemurium) auf der Schwäbischen Alb. In: Profil. Band 11. Stuttgart 1997, S. 1–197.
  6. Avinash C. Mathur: Stratigraphy and depositional environments of the Crinoidal Limestone of Hochgern, Bavarian Alps (Chiemgau). In: Arquipélago. Série Ciências da Natureza. 1981, S. 103–120.
  7. Milos Rakus: Early Liassic Ammonites from the Steinplatte-Kammerköhralm Area (Northern Calcareous Alps/Salzburg). In: Jahrbuch der Geologischen Bundesanstalt. 136 Heft 4, 1993, ISSN 0016-7800, S. 919–932.
  8. Christian Meister und Bernard Loup: Les gisements d'ammonites du Lias (Hettangien à Pliensbachien) du Ferdenrothorn (Valais, Suisse): analyses paléontologiques, biostratigraphiques et aspects lithostratigraphiques. In: Eclogae geol. Helv. Band 82/3, 1989, S. 1003–1041.
  9. A. A. Klompmaker und B. J. H. M. van den Berkmortel: Earliest Jurassic (Hettangian) psiloceratoid ammonites from a subrosion pipe at Winterswijk, the eastern Netherlands. In: Netherlands Journal of Geosciences — Geologie en Mijnbouw. Band 86 – 4, 2007, S. 379–388.