Adolf von Bomhard

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Links nach rechts: Wilhelm Stuckart, Wilhelm Frick, Bomhard, Konrad Henlein, Hans Krebs bei einem Staatsbesuch am 23. September 1938

Adolf Theodor Ernst von Bomhard (* 6. Januar 1891 in Augsburg; † 19. Juli 1976 in Prien am Chiemsee[1]) war ein deutscher Generalleutnant der Polizei im Dritten Reich und SS-Gruppenführer. In der Bundesrepublik war er 1960 bis 1966 Bürgermeister von Prien am Chiemsee.

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Herkunft und Familie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Adolf von Bomhard war der Sohn des späteren bayerischen Generalmajors Karl Eduard Christoph von Bomhard (1866–1938) und dessen Ehefrau Marie Ludovika Mathilde, geborene von Heinleth (* 13. Juni 1867 in Augsburg). Sie war die Tochter des späteren bayerischen Generals der Infanterie und Kriegsministers Adolf von Heinleth. Adolf war Enkel einer Schwester des Autors Felix Dahn.[2]

Bomhard heiratete am 28. März 1917 Emilie Franziska Hengeler (* 16. Mai 1890 in München). Sie war die Tochter des Kunstmalers Adolf Hengeler.

Erster Weltkrieg und Weimarer Republik (1891–1932)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Nach dem Besuch des Gymnasiums in München absolvierte er ein Semester an der Technischen Hochschule München, trat am 18. Juli 1910 als Fahnenjunker in das Infanterie-Leib-Regiment der Bayerischen Armee ein und wurde 1912 zum Leutnant befördert. Während des Ersten Weltkriegs nahm er mit seinem Regiment als Zug-, Kompanie- und Bataillonsführer, Bataillonsadjutant, Ordonnanzoffizier und Regimentsadjutant an den Kämpfen in Frankreich, Tirol, Serbien, Mazedonien, Venetien, Rumänien und Ungarn teil. Dabei wurde er mehrfach verwundet. Den Krieg beendete Bomhard als Hauptmann (seit 18. Oktober 1918) und ausgezeichnet mit beiden Klassen des Eisernen Kreuzes sowie dem Militärverdienstorden IV. Klasse.

Nach dem Waffenstillstand von Compiègne kehrte Bomhard mit seinem Regiment in die Heimat zurück und war dort Leiter der Demobilmachung, ehe er im September 1919 aus dem aktiven Dienst entlassen wurde. Sein Regimentskommandeur während des Ersten Weltkriegs war Franz von Epp, in dessen Freikorps Bomhard 1920 eintrat. Danach diente er in verschiedenen Funktionen in der bayerischen Landespolizei. 1921 wurde er zum Ehrenritter im Johanniterorden ernannt. Im gleichen Jahr verfasste Bomhard die offizielle Regimentsgeschichte des Infanterie-Leib-Regiments.[3]

Polizeikarriere im Dritten Reich (1933–1945)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bomhard (links) mit Kurt Daluege im Mai 1940 bei einer Dienstreise durch Frankreich

Ab 1933 war Bomhard Chef des Stabes der Landespolizei-Inspektion Brandenburg. Im gleichen Jahr wurde er auch Förderndes Mitglied der SS.[4] Er trat zum 1. Mai 1937 der NSDAP (Mitgliedsnummer 3.933.982)[5] und März 1938 der SS bei (SS-Nummer 292.711). Ab der Einsetzung von RFSS Himmler zum Chef der Deutschen Polizei im Juni 1936 bis Oktober 1942 leitete Bomhard das Kommando-Amt im Hauptamt Ordnungspolizei des Ministeriums des Innern, sein Vorgesetzter war Kurt Daluege. Ab 1939 lag die Hauptaufgabe des Kommando-Amtes in der Bereitstellung von und Verwaltung des Einsatzes der Polizei-Einheiten im Krieg.[6]

Adolf von Bomhard (Zweiter von links) beim Besuch norwegischer Offiziere, Berlin, Januar 1942

Im April 1937 wurde er zum Generalmajor der Polizei ernannt, zwei Jahre später dann zum Generalleutnant. Im November 1940 wurde er zum SS-Gruppenführer ernannt und im November 1942 zum Befehlshaber der Ordnungspolizei (BdO) im Reichskommissariat Ukraine in Kiew ernannt, wo er den SS-Gruppenführer und Polizeigeneral Otto von Oelhafen ablöste. Im Spätsommer 1943 wurde der Dienstsitz nach Rowno zurückverlegt. Im Oktober 1943 wurde Bomhard in der Ukraine durch Oberst Werner Lorge abgelöst.[7] 1944 wurde Bomhard zum Inspekteur der Polizeischulen ernannt, von 1944 bis 1945 war er Leiter der Ordnungspolizei im besetzten Mähren.

Auf Grund seiner Mitgliedschaft zur NSDAP musste Bomhard im Herbst 1938 aus dem Johanniterorden austreten, war dort als Ehrenritter seit 1921 in der Bayrischen Genossenschaft der Kongregation organisiert.

Nachkriegszeit und Mitwirkung an NS-Prozessen (ab 1945)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Bomhard wurde in Rosenheim entnazifiziert, obwohl er sich 1933 der NSDAP und 1937 der SS angeschlossen hatte und zudem zentral im Hauptamt Ordnungspolizei als Chef des Kommandoamtes für die Bereitstellung von Polizeieinheiten zuständig und selbst im Osten (Ukraine) als Befehlshaber der Ordnungspolizei tätig war.

Beim Nürnberger Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher am 26. August 1946 argumentierte der Verteidiger der als verbrecherische Organisation angeklagten SS Horst Pelckmann, die SS-Polizeiregimenter wären von der Anklagebehörde irrtümlich als SS-Regimenter angesehen worden. Das stimmt, alle Polizeiregimenter erhielten 1943 nominell den SS-Zusatz in der Bezeichnung, blieben aber Teil der Ordnungspolizei. Bomhard benützte dies jedoch als ein Argument/Beleg für seine Schutzbehauptung, es habe eine zwangsweise und automatische Dienstgradangleichung von Polizeirängen an die der SS gegeben. Hierzu legte er eine Eidesstattliche Versicherung Bomhards vor,[8] die später von zahlreichen SS-Funktionären der Polizei als Persilschein genutzt wurde. Es handelte sich hierbei um eine absichtliche Falschaussage.[9] Sie nütze auch ihm selbst, denn seine Karriere wäre ohne seinen – freiwilligen – Beitritt zur SS nicht möglich gewesen.

„Beratend“ konnte Bomhard auch an dem 1957 von Hans Joachim Neufeldt, Jürgen Huck und Georg Tessin vom Bundesarchiv herausgegebenen Band „Zur Geschichte der Ordnungspolizei“ mitarbeiten.[10] Damit wurde der „Bock zum Gärtner gemacht“ und er konnte „im seriösen Gewand des Bundesarchivs seine Deutung der Dinge durchsetzen“.[11]

Im April 1962 schickte er eine Denkschrift an Werner Best, die die Verjährung von Beihilfe zum Mord und den Befehlsnotstand behandelte.[12] Best war ein Verfechter der Generalamnestie für NS-Täter. Bomhard leitete die deutsche Abteilung des „Salzburger Kreises“, eines losen Zusammenschlusses von ca. 80 ehemaligen deutschen und österreichischen Polizisten, die Nachstellungen einer „pervertierten Justiz“ gegenüber NS-Tätern, besonders Kollegen beklagten.[2]

Bomhard trat bei weiteren NS-Prozessen gegen Angehörige der Ordnungspolizei als Sachverständiger bzw. Zeuge auf, so beim Verfahren gegen Johann Josef Kuhr und andere ehemalige Angehörige des Polizei-Bataillon 306, der Polizeireiterabteilung 2 und der SD-Dienststelle von Pinsk beim Landgericht Frankfurt am Main 1962–1973.[13]

Bürgermeister und Ehrenbürger von Prien am Chiemsee (1960–1971)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

1958 war Bomhard Mitautor der Festschrift zum 800-jährigen Jubiläum von Prien am Chiemsee, die im Auftrag der Gemeinde herausgegeben wurde.[14] Von 1960 bis 1966 war Adolf von Bomhard Bürgermeister von Prien am Chiemsee. 1971 wurde er wegen seiner Mitwirkung an der Heimatgeschichte und dem Bürgermeisteramt zum „Ehrenbürger“ von Prien am Chiemsee ernannt.

Rezeption[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Als „vergangenheitspolitischer Akteur in eigener Sache“ (Marc von Miquel)[15] war Bomhard Teil von Seilschaften und Absprachekartellen von Polizeiangehörigen, die in Verbrechen verstrickt gewesen waren und nach 1945 ihren Weg zurück in den Polizeidienst suchten.[16]

In Prien am Chiemsee gab es noch 2001 einen nach dieser Familie benannten „Von-Bomhard-Weg“, gegen den Jakob Knab und eine Initiative gegen falsche Glorie protestierten.[17] Im Mai 2013 distanzierte sich der Gemeinderat einstimmig „von den Handlungen und Anordnungen“ Bomhards, „die zur Verletzung der Menschenrechte im Dritten Reich geführt haben. Aufgrund der neuen Erkenntnisse würde das Ehrenbürgerrecht aus heutiger Sicht nicht mehr verliehen werden.“[18]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Florian Dierl: Adolf von Bomhard: Generalstabschef der Ordnungspolizei. In Klaus-Michael Mallmann, Gerhard Paul (Hrsg.): Karrieren der Gewalt. Nationalsozialistische Täterbiographien. WBG, Darmstadt 2004. ISBN 3-534-16654-X; unveränderte Neuauflage 2005; davon Sonderausgabe bei Primus, Darmstadt 2011, ISBN 978-3-89678-726-2 und bei WBG 2011.
  • Martin Hölzl: Grüner Rock und weiße Weste: Adolf von Bomhard und die Legende von der sauberen Ordnungspolizei. In: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft, 50. Jg., Heft 1, Berlin 2002, S. 22–43. ISSN 0044-2828
  • Stefan Klemp: „Nicht ermittelt“. Polizeibataillone und die Nachkriegsjustiz. 2. Auflage, Klartext Verlag, Essen 2011, ISBN 978-3-8375-0663-1.
  • Dermot Bradley (Hrsg.), Andreas Schulz, Günter Wegmann: Die Generale der Waffen-SS und der Polizei. Die militärischen Werdegänge der Generale, sowie der Ärzte, Veterinäre, Intendanten, Richter und Ministerialbeamten im Generalsrang. Band 1: Abraham–Gutenberger. Biblio Verlag. Bissendorf 2003, S. 130–134. ISBN 3-7648-2373-9.
  • Jakob Knab: Bewusstes Vergessen: Adolf von Bomhard – 1942 am Massenmord beteiligt, 1971 zum Ehrenbürger von Prien ernannt. In: „Geschichte quer“ Zeitschrift der bayerischen Geschichtswerkstätten. Nr. 8, Aschaffenburg 2000, S. 29–32. ZDB-ID 1211308-6

Schriften und Nachlass[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Adolf von Bomhard – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Fußnoten[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich Wer war was vor und nach 1945. Fischer-Taschenbuch, Frankfurt am Main 2007, S. 63. ISBN 978-3-596-16048-8.
  2. a b In Härte und Größe. In: Der Spiegel. Nr. 17, 1968, S. 96–98 (online).
  3. Adolf von Bomhard: Das Königlich Bayerische Infanterie-Leib-Regiment. Nach den amtlichen Kriegstagebüchern bearbeitet im Auftrag des ehemaligen Infanterie-Leib-Regiments im Verlag des bayerischen Kriegsarchivs. Lindauer, München 1921.
  4. Mitglieds-Nr. 111.671
  5. Bundesarchiv R 9361-IX KARTEI/3800695
  6. Hans-Joachim Neufeldt: Entstehung und Organisation des Hauptamtes Ordnungspolizei. In: Neufeldt, Huck, Tessin: Zur Geschichte der Ordnungspolizei 1936–1945. Schriftenreihe des Bundesarchivs, 3, Koblenz 1957, S. 50 f., S. 102.
  7. Florian Dierl: Adolf von Bomhard - „Generalstabschef“ der Ordnungspolizei, Darmstadt 2004, S. 60 f.
  8. Affidavit SS-82 Protokoll der Nachmittagssitzung vom 26. August 1946
  9. Detlev Graf von Schwerin: Freunde und Helfer des Regimes? Die Polizei im NS-Staat. S. 99–108, hier 104. In: Manuel Becker, Christoph Studt: Der Umgang des Dritten Reiches mit den Feinden des Regimes. XXII. Königswinterer Tagung (Februar 2009), S. 104 (online)
  10. Hans-Joachim Neufeldt, Jürgen Huck, Georg Tessin: Zur Geschichte der Ordnungspolizei 1936 – 1945, Koblenz 1957 (Schriften des Bundesarchivs Bd. 3)
  11. Klaus Michael Mallmann, Vom Fußvolk der `Endlösung`. Ordnungspolizei, Ostkrieg und Judenmord, in: Tel Avivier Jahrbuch für deutsche Geschichte, Band XXVI, 1997, Seite 356/357.
  12. Marc von Miquel: Ahnden oder amnestieren?: Westdeutsche Justiz und Vergangenheitspolitik in den sechziger Jahren. Wallstein Verlag, 2004, S. 210; books.google.de
  13. Torsten Schäfer: „Jedenfalls habe ich auch mitgeschossen“. Das NSG-Verfahren gegen Johann Josef Kuhr und andere ehemalige Angehörige des Polizeibataillons 306, der Polizeireiterabteilung 2 und der SD-Dienststelle von Pinsk beim Landgericht Frankfurt am Main 1962–1973; eine textanalytische Fallstudie zur Mentalitätsgeschichte. LIT-Verlag, Münster 2007, ISBN 978-3-8258-0604-0, S. 22; books.google.de (zugleich Dissertation an der TU Darmstadt, 2006).
  14. Prien am Chiemsee: Ein Heimatbuch. Herausgegeben im Auftrag der Marktgemeinde Prien am Chiemsee anlässlich der 800-Jahrfeier unter Mitwirkung von Adolf Sandberger und Adolf von Bomhard u. a. Verlag der Marktgemeinde. 1958. Rezension, Sniplet in der Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte Band 23, C. H. Beck, München 1960.
  15. Marc von Miquel: Ahnden oder amnestieren?: Westdeutsche Justiz und Vergangenheitspolitik in den sechziger Jahren. Wallstein Verlag, 2004 S. 11
  16. Bundesarchiv: Justizakten aus NSG-Verfahren: Eine quellenkundliche Handreichung für Archivbenutzer. (PDF; 7,2 MB) Mitteilungen aus dem Bundesarchiv – Themenheft 2008 Fußnote 45.
  17. Christian Huber: «Ein Schreibtischtäter erster Güte». In: Oberbayerisches Volksblatt (Rosenheim), 30. Januar 2001.
  18. Rat distanziert sich von „Handlungen“. OVB 18. Mai 2013.
  19. bundesarchiv_de (PDF)