Ernst von Schuch

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Ernst Edler von Schuch, geboren als Ernest Gottfried Schuch, (* 23. November 1846 in Graz; † 10. Mai 1914 in Niederlößnitz in Sachsen) war ein österreichisch-sächsischer Dirigent, der als Generalmusikdirektor der Dresdner Hofoper und durch seine Zusammenarbeit mit Richard Strauss als dessen „Leibdirigent“[1] berühmt wurde. Die über vierzig Jahre seines Schaffens in Dresden (1872–1914) werden als die Ära Schuch rezipiert.

Ernst von Schuch, 1902, mit dem Albrechts-Orden

Leben[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schuch war der Sohn eines höheren Beamten. Nach seinem Abitur studierte er in Graz Jura, daneben musizierte er weiterhin wie bereits seit früher Kindheit (Geige, Klavier). Er leitete den Academischen Musikverein und war ein Schüler des Dirigenten Eduard Stolz. Dann immatrikulierte er sich in Wien und wurde Schüler von Felix Otto Dessoff. 1867, nach seiner juristischen Zwischenprüfung, begann er als Kapellmeister bei Theodor Lobe in Breslau. Es folgten Verpflichtungen in Würzburg (1868–1870), Graz (1870/1871) und Basel, bevor er 1872 nach einer Aufsehen erregenden Konzertreise unter Bernhard Pollini (1838–1897) durch Graf Julius von Platen als Musikdirektor für die italienische Oper in Dresden an die Hofoper engagiert wurde. Dort wurde er 1873 Königlicher Kapellmeister neben Julius Rietz, später neben Franz Wüllner. 1879 stieg er zum Leiter der Königlichen Kapelle auf. 1882 übernahm er die Direktion der Hofoper als Hofrat, womit er entscheidenden Einfluss auf die Programmgestaltung wie auch die Weiterentwicklung der Kapelle selbst nehmen konnte. 1889 wurde er zum Generalmusikdirektor ernannt. Die einaktige Oper „Marga“ Pittrichs u. a. mit dem Heiduckenlied „In grauser Schlucht, auf hohem Saum“ für Sänger mit Baritonstimme wurde unter Schuch 1894 aufgeführt.[2]

Im Jahr 1898 wurde Schuch vom österreichischen Kaiser in den erblichen Adelsstand erhoben und 1899 wurde er zum sächsischen Geheimen Hofrat ernannt. Im selben Jahr 1899 erhielt er die sächsische Adelsanerkennung. Sein Wirken ging als Ära Schuch in die Operngeschichte ein.

Neben Gastspielreisen in Berlin, München, Wien und Paris blieb er Dresden bis zu seinem Tode verbunden und schlug einige verlockende Angebote an andere bedeutende Häuser aus, darunter das Richard-Wagner-Festspielhaus in Bayreuth.[3] Schuch machte Dresden zu einer der führenden Musikbühnen Europas, erweiterte die Sächsische Staatskapelle zu einer der größten der Welt und schuf daraus ein Ensemble von Weltruf. Mit diesem pflegte er einerseits das Repertoire seines Amtsvorgängers Richard Wagner, den er verehrte und dessen Werk er dem Dresdner Publikum in Gänze erschloss. Daneben präsentierte er der Öffentlichkeit das Wirken der zeitgenössischen italienischen Opernkomponisten, ergänzt um Werke aus dem slawischen Kulturkreis. Als Pianist begleitete Schuch 1905 die sogenannte Traumtänzerin Magdeleine Guipet im Dresdner Schauspielhaus, die sich vor ihrem Auftritt unter Hypnose setzen ließ. Bei dieser und auch mehreren anderen Gelegenheiten in den 1900er Jahren waren Karl May und Gattin auf Einladung oder auch zusammen mit den Schuchs zu Musikveranstaltungen in Dresden.[4]

Von seinen vielen Ur- und Erstaufführungen werden insbesondere die Uraufführungen von Richard StraussFeuersnot (1901), Salome (1905), Elektra (1909), Rosenkavalier (1911) sowie deutsche Erstaufführungen von Puccini und Mascagni rezipiert. Daneben wurde Schuch auch als Konzertdirigent geschätzt und setzte sich als solcher besonders für Orchesterwerke von Felix Draeseke, Strauss und Gustav Mahler ein, von dem er zwischen 1897 und 1914 viele Werke als Erstaufführungen nach Dresden brachte.[5]

Situationsplan Flur Niederlössnitz zur Erweiterung der Villa Favorita, 1888 (mit Unterschrift von Ernst Schuch); rechts die Villa Gringmuth
Villa Schuch (Schuchstraße 15/17, Radebeul), 2022

Schuch war ab 1875 mit der Koloratursopranistin Clementine von Schuch-Proska (1850–1932) verheiratet. Nachdem Schuch sich ab 1880 jeweils in der Lößnitz eine Sommerwohnung gemietet hatte, nahm er 1882 seinen Sommerwohnsitz in der Niederlößnitz, in der Weintraubenstraße direkt nördlich des Gasthofs Goldene Weintraube (heute Stammhaus der Landesbühnen Sachsen). Die Straße wurde im Folgejahr, 1883, auf seinen Antrag umbenannt in Schuchstraße. Dort unter der heutigen Adresse Nr. 15/17 stand ursprünglich ein eher kleineres Haus, das der Baumeister Moritz Ziller 1866 (oder 1876/77)[1] als Landhaus im Schweizerstil für den Eigentümer der Goldenen Weintraube errichtet hatte und das in den Folgejahren mehrfach für Schuch erweitert werden musste und ab 1897 als Ganzjahreswohnung diente. Schuch selbst nannte das Haus, dessen heutige Besitzer Villa Schuch an den Giebel geschrieben haben, Villa Favorita (damalige Adresse Schuchstraße 11).[6] Dort kam 1891 seine Tochter Liesel von Schuch (1891–1990) als jüngstes von fünf Kindern zur Welt, die ebenfalls wie die Mutter eine erfolgreiche Koloratursopranistin wurde. Liesels ältere Schwester Käthe (1885–1973; auch verh. Ullmann bzw. Schmidt)[5] schlug ebenfalls die Sängerkarriere ein. Bruder Hans (1886–1963) wurde ein bekannter Cellist. Dessen Tochter Clementine von Schuch (1921–2014) wurde wiederum Opernsängerin.[7] Schuch führte dort ein gastliches Haus, in dem „wohl alle namhaften Musiker und Theaterleute seiner Zeit einmal gern und ohne Förmlichkeit aufgenommen wurden.“[8] Mit diesen erging er sich gern auf ausgedehnten Spaziergängen durch die Lößnitz.[1]

Schuch fuhr viele Jahre mit der Eisenbahn von der nahegelegenen Station Weintraube zur Arbeit. Extra für ihn wurde ein Sonderzug eingerichtet, im Volksmund „Schuch-Zug“ genannt, der jeweils zur Probenzeit fuhr.[9]

Grab von Ernst und Clementine von Schuch auf dem Friedhof Radebeul-West

Schuch starb kurz nach der Dresdner Erstaufführung von Wagners Parsifal. Er wurde am 14. Mai 1914 unter großer öffentlicher Teilnahme zu den Klängen von Wagners Trauermarsch aus der Oper Götterdämmerung auf dem Kötzschenbrodaer Friedhof beerdigt. Dort liegt er zusammen mit seiner Ehefrau Clementine, die dort 1932 neben ihm beerdigt wurde. Direkt in der Nähe liegt auch das Grab ihrer Tochter Liesel. Sein Nachfolger als Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle wurde Fritz Reiner (1888–1963).

Ur- und Erstaufführungen (Auszug)[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Schuch dirigierte in Dresden 122[10] oder 123 Erst- und Uraufführungen, darunter:[5]

Auszeichnungen und Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Wappen für Ernst von Schuch und Familie
Ernst von Schuch, um 1900, im Hofornat

Schuch erhielt im Laufe seiner Tätigkeit zahlreiche in- und ausländische Auszeichnungen und Ehrungen, die Orden teilweise in unterschiedlichen Stufen.[11]

Im Jahr 1898 wurde Schuch als österreichischer Bürger durch Kaiser Franz Joseph I. nobilitiert. Das auch für seine Familie geltende erbliche Adelsprädikat war Edler von, dazu gab es ein Wappen. Anfang 1899 erhielt Schuch die Bestätigung des sächsischen Hofes zur Führung seines Adelstitels. Im April jenes Jahres wurde er dann zum Geheimen Hofrat 3. Klasse ernannt. 1907 folgte die Rangerhöhung auf Rang 18c der 2. Klasse in der Hofrangordnung, womit er an der königlichen Tafel selbst sitzen durfte (Platz Nr. 23).

Orden[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Ehrungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Künstlerfamilie[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Auf die Eltern Ernst und Clementine von Schuch folgten zwei weitere Generationen musisch begabter Nachkommen:

Die drei Enkelinnen Clementine von Schuch, Brigitte Bela (Tochter von Käthe von Schuch-Schmidt) sowie Sabine Lämmel errichteten 2011 die Familienstiftung Ernst Edler von Schuch in der Trägerschaft des Stadtmuseum Dresden, die Erbstücke ihrer bedeutenden Großeltern aus deren Schaffenszeit dem Stadtmuseum Dresden überreichte. Diese Familienstiftung soll jedoch nicht nur die Vergangenheit dokumentieren, sondern fördert auch junge Musiktalente.[13]

Literatur[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  • Adolph Kohut: Das Dresdner Hoftheater in der Gegenwart. E. Pierson’s Verlag. Dresden & Leipzig 1888, S. 386 ff., (Digitalisat).
  • Frank Andert (Red.): Stadtlexikon Radebeul. Historisches Handbuch für die Lößnitz. Hrsg.: Stadtarchiv Radebeul. 2., leicht geänderte Auflage. Stadtarchiv, Radebeul 2006, ISBN 3-938460-05-9.
  • Hella Bartnig: Die Dresdner Opernentwicklung nach dem Tod Ernst von Schuchs – Prozeß der Erneuerung oder Überlebensstrategie? In: Dresden und die avancierte Musik im 20. Jahrhundert. Teil I: 1900-1933. Hrsg. von Matthias Herrmann und Hanns-Werner Heister, Laaber 1999, S. 231–236 (Musik in Dresden 4), ISBN 3-89007-346-8.
  • Gerhard M. Dienes (Hrsg.): „mit mir …“ Ernst von Schuch (1846–1914). Ein Grazer als Generalmusikdirektor in Dresden. Katalog zur Ausstellung 1999. Stadtmuseum Graz, Graz 1999, ISBN 3-9007-6420-4.
  • Erika Eschebach, Andrea Rudolph, Stadtmuseum Dresden (Hrsg.): Die Schuchs. Eine Künstlerfamilie in Dresden, Sandstein Verlag, Dresden 2014. ISBN 978-3-95498-098-7.
  • O. Hafner: Schuch Ernst (eigentl. Ernest) Gottfried von. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 11, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1999, ISBN 3-7001-2803-7, S. 281.
  • Gabriella Hanke Knaus: Schuch, Ernst Edler von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S. 619 f. (Digitalisat).
  • E. Krause: Richard Strauss, Ernst von Schuch und Dresden. In: Blätter der Staatstheater Dresden, 1963/64.
  • Paul Sakolowski: Ernst von Schuch. (=Moderne Musiker). H. Seemann Nachf., Leipzig 1901.
  • Friedrich von Schuch: Richard Strauss, Ernst von Schuch und Dresdens Oper. Breitkopf & Härtel Musikverlag, Leipzig 1953.
  • Richard Strauss/Ernst von Schuch: Richard Strauss – Ernst von Schuch. Ein Briefwechsel. Hrsg. von Gabriella Hanke Knaus. (= Veröffentlichungen der Richard-Strauss-Gesellschaft; Band 16). Henschel-Verlag, Berlin 1999, ISBN 3-89487-329-9.
  • Richard Strauss in Dresden und die Ära Schuch. Dresdner Hefte, Heft 118 (2014). Hrsg. vom Dresdner Geschichtsverein e.V., Gesamtredaktion Peter Lühr. Dresden 2014, ISBN 978-3-944019-07-9

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Ernst von Schuch – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. a b c Frank Andert: Ernst von Schuch − der Hofkapellmeister in der Lößnitz. In: Radebeuler Amtsblatt 03/2014 (Memento vom 11. März 2016 im Internet Archive), S. 1.
  2. Hugo Riemanns Musik-Lexikon. Achte vollständig umgearbeitete Auflage, Berlin/Leipzig 1916, S. 855, Stichwort: "Pittrich, George Washington"; DNB 974801100
  3. O. Hafner: Schuch Ernst (eigentl. Ernest) Gottfried von. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 11, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1999, ISBN 3-7001-2803-7, S. 281.
  4. Ernst von Schuch im Karl-May-Wiki.
  5. a b c Gabriella Hanke Knaus: Schuch, Ernst Edler von. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 23, Duncker & Humblot, Berlin 2007, ISBN 978-3-428-11204-3, S. 619 f. (Digitalisat).
  6. Erika Eschebach (Hrsg.), Andrea Rudolph (Hrsg.): Die Schuchs. Eine Künstlerfamilie in Dresden. Sandstein Verlag, Dresden 2014, ISBN 978-3-95498-098-7, S. 37.
  7. Clementine von Schuch-Proska bei Operissimo auf der Basis des Großen SängerlexikonsVorlage:Operissimo/Wartung/Verwendung von Parameter 2
  8. Friedrich von Schuch: Richard Strauss, Ernst von Schuch und Dresdens Oper. Breitkopf & Härtel Musikverlag, Leipzig 1953.
  9. Gert Morzinek: Historische Streifzüge mit Gert Morzinek. Die gesammelten Werke aus 5 Jahren "StadtSpiegel". premium Verlag, Großenhain 2007, S. 236 ff.
  10. Die Schuchs – eine Künstlerfamilie in Dresden. Ausstellungsankündigung des Stadtmuseums (10. Mai bis 28. September 2014).
  11. Erika Eschebach (Hrsg.), Andrea Rudolph (Hrsg.): Die Schuchs. Eine Künstlerfamilie in Dresden. Sandstein Verlag, Dresden 2014, ISBN 978-3-95498-098-7, S. 78 f.
  12. a b Adressbuch für Dresden und seine Vororte (1914), S. 912. (Memento des Originals vom 10. Mai 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/digital.slub-dresden.de
  13. Ein Taktstock aus Elfenbein fürs Stadtmuseum. Mit dem Nachlass des Hofkapellmeisters Ernst Edel von Schuch schreibt das Stadtmuseum ein neues Kapitel Musikgeschichte., abgerufen am 11. Juli 2012.