Großer Preis von Frankreich 1939

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Der XXXIII. Große Preis von Frankreich (XXXIII Grand Prix de l’Automobile Club de France)[1] fand am 9. Juli 1939 auf dem Circuit de Reims-Gueux in Frankreich statt. Als Grande Épreuve zählte das Rennen zur Grand-Prix-Europameisterschaft 1939 und wurde nach den Bestimmungen der Internationalen Grand-Prix-Formel (i. W. Rennwagen bis 3 Liter Hubraum mit Kompressor und bis 4,5 Liter Hubraum ohne Kompressor; Mindestgewicht 850 kg; Renndistanz mindestens 300 km) über 51 Runden à 7,186 km ausgetragen, was einer Gesamtdistanz von 398,6 km entsprach.

Sieger wurde Hermann Paul „H. P.“ Müller auf einem Auto Union Typ D[2], dem damit der einzige Grand-Prix-Sieg seiner Karriere gelang. Gleichzeitig war dies der letzte Erfolg des Rennstalls der Auto Union bei einem Grande Épreuve.

Rennen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Die politischen Spannungen zwischen beiden Ländern hatten zu Anfang 1939 dazu geführt, dass Italiens Diktator Benito Mussolini die Teilnahme italienischer Fahrer und Rennställe an Motorsportveranstaltungen in Frankreich untersagt hatte. Nur mit einer Ausnahmegenehmigung war es dem Team der Auto Union daher möglich, in Reims mit ihrem Spitzenfahrer Tazio Nuvolari anzutreten, dessen Auto Union Typ D ebenso wie die Wagen seiner Teamkollegen, Altmeister Hans Stuck, dem jungen und aufstrebenden Hermann Paul Müller, sowie Juniorfahrer „Schorsch“ Meier, jetzt mit Zweistufenkompressor ausgerüstet war, wie dies bei den Mercedes-Benz W 154 schon seit einigen Rennen zuvor der Fall gewesen war. Die Mannschaft von Daimler-Benz war nach dem tragischen Tod ihres Nachwuchsstars Richard Seaman beim vorangegangenen belgischen Grand Prix dagegen auf ihre angestammte Besetzung aus Europameister Rudolf Caracciola, Hermann Lang, der zuletzt vier internationale Rennen in Serie gewonnen hatte, und dem erfahrenen, aber stets etwas ungestümen Manfred von Brauchitsch reduziert.

Im Gegensatz zu Nuvolari mussten die Rennställe von Alfa Romeo und Maserati Mussolinis Erlass Folge leisten und dem französischen Grand Prix fern bleiben. Alfa Romeo umging dies jedoch werksseitig zumindest ein Stück weit dadurch, dass stattdessen drei nominell vom Schweizer Christian Kautz privat eingesetzte Alfa Romeo Tipo 308 zum Rennen gemeldet wurden, bei dem sonst üblicherweise nur offizielle Werksmannschaften zugelassen waren. Dabei handelte es sich jedoch um ältere Modelle, die mangels Motorleistung auf dem schnellen Kurs von Reims-Gueux gegen die deutschen Silberpfeile praktisch keine Chance besaßen, und auch die Fahrerbesetzung war – mit Ausnahme von Raymond Sommer – nicht unbedingt erstklassig.

Das Teilnehmerfeld wurde schließlich komplettiert durch zwei französische Mannschaften, die Écurie Schell des nach Frankreich umgesiedelten US-amerikanischen Rennfahrerehepaars Laury und Lucy O’Reilly Schell mit zwei Rennsportwagen vom Typ Delahaye Type 145 für den erfahrenen René Dreyfus und den eher unbekannten Raphael Béthenod de las Casas, sowie das Werksteam von Lago-Talbot mit drei neu entwickelten Renneinsitzern für Grand-Prix-Veteran Philippe Étancelin, den britischen Voiturette-Fahrer Raymond Mays und Sportwagenpilot René Le Bègue. Alle diese Fahrzeuge waren jedoch nur mit vergleichsweise schwachen 4,5-Liter-Saugmotoren ausgerüstet.

Im Training dominierten einmal mehr Hermann Lang und Mercedes, doch auf noch regennasser Strecke kam Auto-Union Fahrer Tazio Nuvolari am besten weg und führte den Pulk der drei Mercedes-Fahrer Caracciola, Lang und von Brauchitsch in die erste Runde. Unter diesen herrschte eine starke Rivalität und als Caracciola einen Überholversuch gegen Lang startet, endete das Rennen für ihn bereits frühzeitig an einer Mauer.

Nun entwickelte sich zwischen Nuvolari und Lang ein brisantes Duell, bei dem der Mercedes-Fahrer in der fünften Runde schließlich die Oberhand behielt. Beim Versuch, den Anschluss zu halten, verabschiedete sich danach Nuvolaris Getriebe, so dass Lang nach dem ersten Rennviertel nun einen relativ komfortablen Vorsprung auf das Verfolger-Duo Müller (Auto Union) und von Brauchitsch (Mercedes) besaß. Kurz darauf war jedoch auch der zweite Mercedes bereits mit Motorschaden aus dem Rennen, und obwohl Mercedes-Rennleiter Alfred Neubauer Lang von der Box aus Anweisung gab, langsamer zu fahren und das Auto zu schonen, ereilte ihn in der zweiten Rennhälfte schließlich das gleiche Schicksal. Damit war der Weg frei für Auto-Union-Fahrer Hermann Müller, der schon bei den letzten Rennen stark aufsteigende Form gezeigt hatte. Zweiter – wenn auch bereits mit einer Runde Rückstand – wurde sein noch relativ unerfahrener Stallkollege Georg Meier, der das Rennen trotz Verbrennungen am Arm durchstand, nachdem sein Auto-Union-Rennwagen beim Boxenstopp zu Rennmitte kurzzeitig in Flammen gestanden hatte.

Meldeliste[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Team Nr. Fahrer Info Chassis Motor Reifen
Italien 1861 Alfa Corse 02 Fahrer nicht benannt DNAa Alfa Romeo
04 Fahrer nicht benannt DNAa
06 Fahrer nicht benannt DNAa
Dritte Französische Republik R. Sommer 02 Dritte Französische Republik Raymond Sommer Alfa Romeo Tipo 308 Alfa Romeo 3.0L I8 Kompressor
Schweiz C. Kautz 04 Italien 1861 Luigi Chinetti Alfa Romeo Tipo 308 Alfa Romeo 3.0L I8 Kompressor
06 Dritte Französische Republik Yves Matra
Schweiz Christian Kautz RES
Deutsches Reich NS Auto Union AG 08 Italien 1861 Tazio Nuvolari Auto Union Typ D Auto Union 3.0L V12 Kompressor
10 Deutsches Reich NS Hans Stuck
12 Deutsches Reich NS Hermann Paul Müller
14 Deutsches Reich NS Georg Meier
Deutsches Reich NS Rudolf Hasse RES
Deutsches Reich NS Daimler-Benz AG 16 Deutsches Reich NS Rudolf Caracciola Mercedes-Benz W 154 Mercedes-Benz M 163 3.0L V12 Kompressor
18 Deutsches Reich NS Manfred von Brauchitsch
20 Deutsches Reich NS Hermann Lang
22 Vereinigtes Konigreich Richard Seaman DNAb
Deutsches Reich NS Walter Bäumer RES
Deutsches Reich NS Hans-Hugo Hartmann RES
Italien 1861 Officine A. Maserati 24 Fahrer nicht benannt DNAc Maserati 8CTF Maserati 3.0L I8 Kompressor
26 Fahrer nicht benannt DNAc
Dritte Französische Republik Société d’Etude et de Fabrication d’Automobiles de Course 28 Dritte Französische Republik Jean Trémoulet DNA SEFAC SEFAC 2.8L U8 Kompressor
Monaco Écurie Lucy O’Reilly Schell 30 Dritte Französische Republik René Dreyfus Delahaye 145 Delahaye 4.5L V12
32 Dritte Französische Republik „Raph“
Dritte Französische Republik Automobiles Talbot 34 Dritte Französische Republik Philippe Étancelin Talbot-Lago T26 „Monoplace Décalée“ Talbot-Lago T26 4.5L I6
36 Dritte Französische Republik René Le Bègue
38 Vereinigtes Konigreich Raymond Mays Talbot-Lago T26 „Monoplace Centrale“
a 
Team erhielt keine Ausreiseerlaubnis zur Teilnahme an Rennen in Frankreich und musste die Meldung zurückziehen; stattdessen Ersatzmeldungen nominell von Privatfahrern.
b 
Beim vorangegangenen Großen Preis von Belgien tödlich verunglückt.
c 
Team erhielt keine Ausreiseerlaubnis zur Teilnahme an Rennen in Frankreich und musste die Meldung zurückziehen.

Startaufstellung[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

3 2 1
Italien 1861 Nuvolari
2:29,9 min
Deutsches Reich NS Caracciola
2:29,6 min
Deutsches Reich NS Lang
2:27,7 min
5 4
Deutsches Reich NS Müller
2:31,7 min
Deutsches Reich NS von Brauchitsch
2:30,4 min
8 7 6
Dritte Französische Republik Le Bègue
2:46,3 min
Deutsches Reich NS Meier
2:39,9 min
Deutsches Reich NS Stuck
2:35,0 min
10 9
Vereinigtes Konigreich Mays
2:53,7 min
Dritte Französische Republik Étancelin
2:50,2 min
13 12 11
Dritte Französische Republik Sommer
2:58,7 min
Italien 1861 Chinetti
2:58,4 min
Dritte Französische Republik Dreyfus
2:54,4 min
15 14
Dritte Französische Republik „Raph“
3:03,0 min
Dritte Französische Republik Matra
3:01,3 min

Rennergebnis[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Pos. Nr. Fahrer Konstrukteur Runden Zeit Ausfallgrund EM-Punkte
1 12 Deutsches Reich NS Hermann Paul Müller Deutsches Reich NS Auto Union 51 2:21:11,8 h 1
2 14 Deutsches Reich NS Georg Meier Deutsches Reich NS Auto Union 50 + 01 Runde 2
3 36 Dritte Französische Republik René Le Bègue Dritte Französische Republik Talbot 48 + 03 Runden 3
4 34 Dritte Französische Republik Philippe Étancelin Dritte Französische Republik Talbot 48 + 03 Runden 4
5 02 Dritte Französische Republik Raymond Sommer Italien 1861 Alfa Romeo 47 + 04 Runden 4
6 10 Deutsches Reich NS Hans Stuck Deutsches Reich NS Auto Union 47 + 04 Runden 4
7 30 Dritte Französische Republik René Dreyfus Dritte Französische Republik Delahaye 45 + 06 Runden 4
8 04 Italien 1861 Luigi Chinetti Italien 1861 Alfa Romeo 45 + 06 Runden 4
9 32 Dritte Französische Republik „Raph“ Dritte Französische Republik Delahaye 44 + 07 Runden 4
DNF 20 Deutsches Reich NS Hermann Lang Deutsches Reich NS Mercedes-Benz 36 Motor 5
DNF 18 Deutsches Reich NS Manfred von Brauchitsch Deutsches Reich NS Mercedes-Benz 17 Motor 6
DNF 06 Dritte Französische Republik Yves Matra Italien 1861 Alfa Romeo 17 6
DNF 38 Vereinigtes Konigreich Raymond Mays Dritte Französische Republik Talbot 10 Tank 7
DNF 08 Italien 1861 Tazio Nuvolari Deutsches Reich NS Auto Union 10 Getriebe 7
DNF 16 Deutsches Reich NS Rudolf Caracciola Deutsches Reich NS Mercedes-Benz 8 Getriebe 7

Schnellste Rennrunde: Deutsches Reich NS Hermann Lang (Mercedes-Benz), 2:32,2 min = 184,9 km/h

Verweise[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Weblinks[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

Commons: Automobilsport 1939 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Anmerkungen[Bearbeiten | Quelltext bearbeiten]

  1. Das erste als Grand Prix de l’ACF organisierte Rennen fand 1906 statt. In den 1920er Jahren wurden jedoch rückwirkend auch den „großen“ Stadt-zu-Stadt-Rennen der Anfangsjahre zwischen 1895 und 1903 dieser Titel verliehen, obwohl das Gründungsdatum des ACF sogar erst nach dem Rennen Paris-Bordeaux-Paris 1895 liegt. Durch diese Zählweise wurde die Veranstaltung von 1906 nachträglich zum offiziell neunten Grand Prix de l’A.C.F ernannt. Diese Nummerierung wurde auch nach der 1968er Umbenennung des Grand Prix de l’ACF zum Grand Prix de France durchgängig weiter fortgeführt.
  2. die Typenbezeichnung der Auto-Union-Rennwagen wurde von Fachautoren erst nachträglich zur Unterscheidung der einzelnen Modelle eingeführt